CUM AS YOU ARE by Hanna Schaich
55Am ersten Abend des Symposiums widmen wir uns mit Hanna Schaich und ihrem Film CUM AS YOU ARE dem Thema weiblicher Sexualität und Selbstbstimmung.
Filmscreening + Vortrag + Artist Talk
Wer hinter dem Imperativ des Titels eine dem Zeitgeist innewohnende identitätspolitische Aussage vermutet, denkt zu klein. Man wird stattdessen überrollt von einer Krafterklärung des (Ur-Weiblichen, die vor Kraft klirrt.
Hanna Schaichs Stück ist, typisch für sie, im Autobiografischen verwurzelt. Sie erhebt radikal ihre Stimme und bringt andere, die wütend sind, dazu, sich ihrer eigenen Wut anzuschließen. Gemeinsam zeigen sie, wie Sex mit allen Sinnen, natürlich mit Körper und Geist, empfunden werden kann. Alle Szenen sind getragen von Poesie, die wie die Bedrohung einer neuen Weltordnung klingt, begleitet von metallisch-roher Musik.
Als Betrachtender angeschrien, werden wir aufgefordert, Denkräume und Möglichkeiten unterschiedlicher Zukunftsvisionen zu erkunden. Was, wenn in vermeintlich individuell erlebten seelischen und körperlichen Wunden eine kollektive Energie zum Widerstand liegt? Was, wenn wir spritzen, tanzen, essen, eine Gesellschaft wegpeitschen, die in Scham und Normen verkrampft ist? Oder gar abschaffen?
Was wäre, wenn die Wut aller Kämpfer, die in bestehenden und vergangenen patriarchalischen Strukturen leben, die sie ertragen mussten, die darunter gelitten haben oder an ihnen zu Tode gekommen sind, was wäre, wenn diese Wut zu einer überwältigenden, transformierenden Energie würde, die uns zu Befreiten macht, unangepasste und laute Menschen, bereit für eine positive Veränderung? Dann kämpfen wir für kompromissloses Sein. Für Liebe befreit von Scham. Für das Leben, wie es sein könnte. Orgiastisch lebendig. Schnallen Sie sich an bei diesem Ritt durch Wild-Wild-Witch-Clity-City. Und: CUM AS YOU ARE.
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Hanna Schaich ist eine queere Videokünstlerin, Pornofilmerin, immersive Performance-Poetin und Aktivistin mit einem Post Graduate in Performance und interaktive Medienkunst vom Brooklyn College, New York (2017) und einem MFA von der Kunsthochschule Berlin Weißensee (2015). Ihre Arbeiten beschäftigen sich mit der individuellen Identitätssuche, dem Körper und dessen Kommunikationsmöglichkeiten. Im Zentrum steht die Auseinandersetzung mit dem Innersten und der Versuch, von dort aus Brücken zur Außenwelt zu bauen, mit anderen in Dialog zu treten. Ihre jüngsten Arbeiten sind u.a. geprägt von der Verarbeitung autobiografischer Traumata (sexueller Missbrauch, Gewaltzwangseinweisung) und dem Fokus auf Lebendigkeit, Wiedererlangung der Lust und Befreiung von gesellschaftlichen Zwangsnormen.